Akzentfreie Aussprache in der Fremdsprache – geht das? Aber wie?

2022-12-06T19:24:50 / Laura E. Lettner für LcL-Institut Wien

Akzentfreie Aussprache: "Eine Sprache können ist gleich eine Sprache sprechen".

Jeder von uns kennt es: Das Sprechen. Wenn wir in unserer Muttersprache reden, empfinden wir die so angewandte Sprache als selbstverständlich, als inhärenten identitären Teil unserer Persönlichkeit, den wir unbewusst benutzen, um mit unseren Mitmenschen zu kommunizieren. Dabei wollen wir nicht nur verstehen, sondern ebenso verstanden werden. Wir machen uns keine Gedanken darüber, wie wir das, was wir sagen, aussprechen. Wir haben die Lautgebung unserer Sprache von Kindesbeinen an so mitbekommen und der richtige Klang von Wörtern und Sätzen gelingt uns unbewusst.

Doch kennen Sie das auch? Wenn wir schnell merken, wie schwierig es werden kann, zu verstehen und verstanden zu werden? Wenn wir beginnen, eine uns zunächst befremdlich wirkende Sprache zu erlernen und uns bemühen, ihre Prosodie, d.h. einzelne Laute, Wortakzent, Pausen, Satzmelodie und Intonation in dieser ebenso artikulatorisch korrekt zu bilden? Wir sind unsere Muttersprache gewohnt und es kann sein, dass wir nicht gleich so verstanden werden, wie wir es gerne möchten und vermehrt üben müssen, auch prosodisch verstanden zu werden.

Am kompositionsfreudigen Deutschen sehen wir, wie der Wortakzent fallweise zur Bedeutungsunterscheidung bedeutend sein kann: Éisen|fabríkarbeiter versus Éisenfabrik|árbeiter. Ein und dasselbe Wort nimmt jeweils verschiedenen betont eine etwas abweichende Bedeutung ein. Im Französischen können Wortgrenzen verschwimmen, da hier das sogenannte stumme <e> sowie die sogenannte „Liaison“ und andere Lautverschmelzungen durch Sprechassimilation eine Rolle spielen: „Il me la toute mise en question.“ hört und spricht man so: [il’m’la-tout-miz-ɛ̃ kestiõ] dt. „Er hat mir alles in Frage gestellt“. Für anfängliche Französischlernende mitunter verwirrend, und nasale Vokale runden dieses Lautbild ab – für deutschsprachige Sprecher wiederum ungewohnt. Erkennen Sie darin Ihre bisherige Sprachlernerfahrung vielleicht wieder?

Was könnten wir also tun, um in der neu erworbenen Sprache prosodisch nicht aufzufallen bzw. um von uns behaupten zu können, dass wir eine Bildungssprache wirklich beherrschen? Wie viel Phonetik, also Befassung mit der Erzeugung und Verwendung von sprachlichen Lauten in der Kommunikation ist also beim Sprachenlernen wirklich notwendig? Wie haben Sie im Kindesalter Ihre eigene Muttersprache gelernt?  Wissen Sie es noch? Schaffen wir das auch als Erwachsene? Und wenn, wie?

 

Sprache – die Musik in Ihren Ohren. Hören, natürlich zu sprechen

Ein bekanntes ursprünglich altgermanisches Kinderlied aus dem französischsprachigen Raum, das auch in eine Vielzahl von Sprachen seine Entsprechung im spielerischen Sprachumgang speziell von Kindern findet, zeigt die Bedeutung von Reim und Melodie beim ersten Kontakt mit Sprache im jüngsten Kindesalter. Bereits im Kindergarten spielen Kinder zu diesem Lied das bei uns bekannte „Ene Mene Mu“ und erwerben dabei auf ganz natürliche, nicht antrainierte Weise, im Kreis der Familie und Freunden gebettet, den Klang der französischen Sprache mühelos: Ams, tram, gram, Pic et pic et colégram, Bour et bour et ratatam, Ams, tram, gram. Abweichend ebenso:  Am, stram, gram; pic ! cœur ! dam! Und dies, ohne dass das Wissen um den Inhalt des Kurzgedichtes von Wichtigkeit wäre.

Dieser Reim, dessen Wörter im Französischen keine Bedeutung (und keine genaue Schreibweise) haben, ist die phonetische Verzerrung eines alten deutschen Reims. Ans im Englischen „Eeny meeny miny moe“ erinnernd, oder auch frz. „un deux trois“‚ „eins zwei drei“ in neologischen Deutschen, beginnt es mit einer ersten Aufzählung. Zufälligerweise besteht in der französischen Sprache ausnahmslos Endakzent in Wort und Satz und eine beliebte Tendenz zu Dreisilbern. Der Kinderreim erinnert an einen Sprachinhalt zwischen einem Reiter (frz. „cavalier“) und ratain ratatam (etwas wie ein Tambour), wobei sich der Dreierrhythmus wie im Galopp wiederholt: Une, deux, trois, Vole, vole, hanneton, Cours, cours, cavalier, Une, deux, trois., usw., zu Deutsch; Eins zwei drei, Flieg, flieg, käfer, Lauf, lauf, Reiter, Eins zwei drei. Letzteres hier zeigt, welche unbewusste, wichtige Rolle Sprachklang beim Erlenen einer Sprache spielt.

 

„Deutsche Sprache – schwere Sprache“, sagt man…

Und wie ergeht es Ihnen, wenn Sie Deutsch hören? Die deutsche Sprache wird nämlich von Menschen aus anderen Ländern oft als hart und aggressiv wahrgenommen. „Ich bin gebürtiger Luxemburger. Wir haben das Deutsche nachgeäfft oder nachgebellt. Für unsere Ohren war das hart und wie ein Hundegeräusch“, schreibt François Conrad, u. a. Sprachwissenschaftler am Lehrstuhl für Germanistische Linguistik an der Leibniz Universität Hannover und nicht zuletzt Autor des Buches: "Warum Deutsch bellt und Französisch schnurrt". Und wie empfinden Sie das?

Deutsch hat ein Image-Problem: Ein deutsches Wort, das mit einem Vokal beginnt, fangen wir in der Aussprache nicht mit diesem an, sondern mit einem Knacklaut, sagt er, und: „Der deutsche Knacklaut klingt wie eine Computermaus: ein kleines Klicken. Das ist, wenn die Stimmbänder einmal auf- und zugehen.“ Bei einem Satz wie Alles ist in Ordnungwürden die meisten Sprachen die vier Wörter verbinden zu „AllesistinOrdnung“. Im Deutschen werde vor den einzelnen Wörtern aber immer eine Mini-Pause gemacht.

Hinzu gesellt sich die sogenannte Auslautverhärtung, sogenannte Geräuschkonsonanten am Ende einer Silbe stimmlos auszusprechen, wie z.B. in „Hund“ betonen wir das weiche <d> wie ein hartes [t] oder beim Wort „klug“ das <g> wie ein [k]. "Ich würde sagen: Die deutschen Silben sind die komplexesten Silben der Welt“, sagt Conrad. Das Wort „Strumpf“ besteht aus fast nur Konsonanten. Deutsch ist schwer zu artikulieren. Das Spanische hingegen habe sehr einfache Silben, oft folgten Vokal und Konsonant aufeinander. Und haben Sie schon mal versucht, deutschen Dialekt zu verstehen? Wetten, Sie haben zuerst kaum etwas verstanden… Einige klingen zwar viel weicher, etwa das Schwäbische, doch werde er im Ausland eher als hart wahrgenommen. Wie können wir dann Deutsch und seine Varietäten am besten lernen?

Laut Hirschfeld (1994) haben Abweichungen im gewohnten Sprachklang, wie sie von Deutschlernenden, aber auch von Dialektsprechern oder Betroffenen von Sprachstörungen hervorgebracht werden, vielfältigen Einfluss auf die mündliche Kommunikation. Auch fehlerhafte Verstehen und Aussprechen wirken sich negativ auf Lernende aus (z.B., wenn man als Tourist statt einhundertfünfzig einundfünfzig Euro versteht und im Hotel unerwartet viel mehr bezahlen muss). Als Fremdsprachlernende die Prosodie der zu erlernenden Sprache zu bewältigen ist also essenziell – aber wie, und wie fangen wir an? Ist es möglich bzw. realistisch, akzentfrei wie ein Native Speaker zu sprechen, wenn man nur diszipliniert, genug übt?



Im Sprachlabor vom lcL – Lernen wir, uns zu verstehen!

Wir wollen meist nicht nur einfach trotzdem verstanden werden, auch wenn wir Laute gerade noch so aussprechen. Unsere Aussprache ist ein wesentliches, nach außen als Kommunikationspartner sozial wirksames Merkmal, von dem abhängt, wie wir behandelt werden. Aussprachekorrekturen in der Fremdsprache machen uns nicht nur verständlicher, sondern erhöhen auch die soziale Akzeptanz uns gegenüber. Phonetik-Training ist der Schlüssel zur Teilhabe an unserer Gesellschaft. „Wer angemessen artikulieren und intonieren will, muss die entsprechenden Wörter zunächst einmal „richtig“ hören können, sagt Hirschfeld. Und diesem Lernziel haben wir uns als LcL-Team verschworen.

Das bedeutet, Sie als Sprachlernende brauchen die Fähigkeit, Laute voneinander zu unterscheiden. Die artikulatorische Phonetik beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel der Zunge, der Lippen, des Gaumens, der Zähne usw. und damit, wie diese eben einen Laut formen. Und demnach, wie wir später in der Sprache, die wir lernen, verstanden werden.

Im LcL-Sprachlabor haben Sie als Sprachlernende daher die einzigartige Chance im kulturträchtigen Wien, anhand nach neuestem Stand der Sprachwissenschaft eingestellter hochmoderner Technik und dank unerschöpflichen Einsatzes seiner Trainingskräfte die Prosodie des Deutschen zu schulen. Neben der korrekten Betonung von Wörtern als Einzelelement (Wortakzent) oder im Satzkontext (Satzakzent) lernen Sie auch die Intonation: Lernen wir Deutsch! Oder doch lieber: Lernen wir Deutsch? Sie üben, zwischen kurzen und langen, offenen und geschlossenen Vokalen zu differenzieren, Umlaute wie „ä“ versus „e“, „o und ö“, „u und ü“ richtig zu hören und auszusprechen, Diphthonge wie <au/äu/eu> oder <ai/ei> zu unterscheiden, Vokaleinsatz wie auch Graphem-Phonem-Korrespondenzen gekonnt zu hören und einzusetzen. Mit Beispielen bekommen Sie Silben erklärt und lautliche Besonderheiten gezeigt. Sie üben Konsonanten wie <p – t – k> und <b – d – g>, <s – z>, <sch – ch – h>, <f – v – w> usw. zu unterscheiden und mündlich einzusetzen.

Sie verstehen nun besser, doch haben Sie noch mit Unsicherheiten oder Sprachhemmungen zu kämpfen? Ein Phonetik-Training wie der unsere hilft, diese abzubauen. Unser Ausspracheunterricht beschränkt sich nicht nur auf Nachsprechübungen. Mit seiner kommunikativen Orientierung profitieren Sie Am LcL-Institut von wertvoller, modernster linguistischer Erkenntnis.  Denn eine neue Aussprache zu erwerben ist in der Regel schwieriger als die Aneignung neuen Wortschatzes oder neuer grammatischer Strukturen. Die Laut- und Intonationsstrukturen der Muttersprache interferieren hier hartnäckig, so Barry (1981). Die Klangbildwahrnehmung der Muttersprache beeinflusst den Sprachlernprozess und filtert ungewollt Laut- und Intonationsmerkmale der neuen zu verarbeitenden Sprache. Ein gutes Gedächtnis genügt hier nicht, ein spezielles Hör- und Aussprachetraining ist hier wichtig, um die Lernbarrieren physisch und psychisch zu bewältigen.

 

Und „plötzlich plapperte Papas Papagei putzig Plaudereien nach.“

So spricht ein sogenannter deutscher Zungenbrecher zum Thema lockere Dialoge lieblich nachplappern, also regional gefärbt, nachsprechen. Versuchen Sie es auch. Denn es kann es keine korrekte Aussprache ohne richtiges Hören geben. Darum bieten wir ein wiederholtes gezieltes Hörtraining an, um zuerst die zielsprachigen Hörmuster zu etablieren. Eine andere gute Übung, die Sie zuhause fortmachen können, ist die der Differenzierung von Minimalpaaren, d.h. von Wörtern die sich nur in einem Phonem, d.h. Laut unterscheiden, wie z.B.  Kind und Rind, Wand und Wind, Bau und Bauch usw. Haben Sie schon weitere Minimalpaare gefunden? Versuchen Sie selbst, sie korrekt auszusprechen!

Wir helfen Ihnen, Ihre Sprechgewohnheiten zu erweitern. Sie eignen sich neue Laute an und üben intonatorische Fertigkeiten (Akzentuierung, Rhythmus, Melodie), ungewohnte Laute und Rhythmen zu produzieren. Daher arbeiten wir als LcL-Sprechspezialisten mit Fehleranalyse der Tonaufnahmen, die in kurzen Übungsphasen immer wieder aufgegriffen werden. Dabei führen wir Sie z. B. mit einem Hörtext in die Thematik der Akustik ein und führen Hörkontrollen durch, arbeiten mit Imitation, Nachsprechen, Lesen, Variieren, Korrektur von Fehlleistungen, um Ihnen Laut-Buchstaben-Beziehungen und phonetische Merkmale von Lauten, Wörtern und Sätzen bewusst zu machen.

Und jetzt, bevor wir Sie bei uns begrüßen dürfen, sind Sie dran: Versuchen Sie es doch gleich mal.


Lesen Sie mir bitte laut nach:

Fischers Fritze fischt frische Fische. Frische Fische fischt Fischers Fritz. ????

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